Leben im Wohnmobil
Ja, wir leben im Wohnmobil
Für die meisten Reisenden ist das Wohnen im Wohnmobil eine temporäre Angelenheit, mal für ein Wochenende oder den Sommerurlaub. Andere sind schon etwas weiter, sie verbringen den Winter im warmen Süden – Spanien, Marokko oder Portugal sind da beliebte Reiseziele. Insbesondere Rentner leben im Wohnmobil auf Zeit, für 3-5 Monate im Jahr. Wir sind noch lange nicht im Rentenalter, und leben ganzjährig darin. Nicht, weil wir müssen, sondern weil wir wollen. Wir wollen reisen, uns an schönen Orten aufhalten, an schönen Orten arbeiten und uns mit Menschen umgeben, die wir mögen. All das können wir – weil wir unseren Wohnsitz ins Wohnmobil verlagert haben.
Natürlich kehrt auch im Wohnmobil der Alltag ein – als Selbständige dürfen wir monatlich Buchhaltung machen, und damit wir auch etwas zum Abrechnen haben, sollten wir zwischenzeitlich auch etwas arbeiten. Das Geschirr spült sich auch nicht von alleine, und die Hunde möchten alle Nase lang bespaßt werden. Der Unterschied zu meinem alten Leben ist: dazwischen wird nicht so viel Zeit verbrannt. Ich arbeite nicht mehr um zu konsumieren, ich muss keine Stunde zur Arbeit fahren, ich muss meine Zeit nicht mehr mit so unliebsamen Dingen wie Rasenmähen verbringen. Diese gewonnene Zeit kann ich sinnvoll investieren – und wenn mir danach ist, einfach ins Nichtstun.
Die unendliche Freiheit wird im Vanlife-Spektrum groß bejubelt. So unendlich ist diese Freiheit nicht, weshalb ich dieses ganze „Vanlife“-Gedöns recht albern finde. Unser Wohnmobilleben ist einfach die Art zu Leben, die uns entspricht. Nicht mehr und nicht weniger. Ja, unser Leben ist freier. Aber das haben wir uns auch erarbeitet.
Wohnmobil statt Wohnung – Vorteile und Nachteile
Dauerhaft im Wohnmobil oder Camper zu leben ist etwas, das der Gesetzgeber so nicht vorgesehen hat. Weshalb es immer irgendwie ein Graubereich ist, keine normale Wohnung mehr zu haben. Es ist einfach nicht vorgesehen, weshalb man sich überlegen muss, welchen Graubereich man betritt.
Heutzutage darf man rein rechtlich nicht mehr einfach irgendwo (z.B. bei Mutti) einen Wohnsitz anmelden, ohne dort auch wirklich zu wohnen, ein Zimmer zu haben. Ohne Meldeadresse im Wohnmobil leben, das funktioniert – ich selbst bin seit 2016 offiziell ohne Wohnsitz, habe mich einfach abgemeldet. Bei manchen Dingen muss man erst herausfinden, wie es geht. Bis jetzt geht alles, was ich brauchte.
Dauerhaft im Wohnmobil leben – was ohne Meldeadresse alles (nicht) geht
- Was (überraschenderweise) auch ohne Meldeadresse geht: Ein Fahrzeug anmelden, Ausweisdokumente verlängern.
- Was (überraschenderweise) gar nicht geht: alles, was eine Schufa-Abfrage verlangt – ohne Meldeadresse keine Schufa! Prepaid-Sim-Karte, Konto eröffnen usw. Alles, was Post-Ident benötigt, von der Packstation-Karte bis zur Kontoeröffnung.
- Geht mal, geht mal nicht: Führerschein machen (185-Tage-Regelung: man muss mindestens 185 Tage in DE gemeldet sein um einen Führerschein beantragen zu können.
Zu dem Thema „dauerhaft im Wohnmobil leben ohne Meldeadresse“ kommt noch ein separater Beitrag, welcher dann auch etwas ausführlicher ausfällt.
Sind wir Aussteiger?
Aus der Gesellschaft aussteigen, und im Wohnmobil leben? Nein, wir sind nicht ausgestiegen – jedenfalls nicht nach meinem Verständnis vom Aussteigen. Der klassische Aussteiger hat keinen Bock mehr – auf die Gesellschaft, den Staat, den Kapitalismus usw. Das ist nicht meine Intension. Alles, was ich möchte ist ein Leben leben, das mir entspricht. Ich möchte so viel arbeiten, dass ich davon gut leben kann – im Wohnmobil oder sonstwo. Ich möchte ein Leben leben, das mir gefällt. Und das ist nunmal das umherreisen im Wohnmobil, das gefällt mir sehr. Deshalb tue ich es, ohne irgendwelche ideologischen Ansprüche.
Arbeiten im Wohnmobil
Kommen wir zu dem Knackpunkt überhaupt: Dauerhaft im Wohnmobil leben und Geld verdienen, wie soll das gehen?
- Ortsgebunden arbeiten: man zieht es seiner Wohnung aus und arbeitet wie gehabt im Job. Das Wohnmobil steht möglichst in der Nähe (Privatgrundstück, Stellplatz, Campingplatz, Firmengelände, oder im Wald).
- Auftragsgebunden arbeiten: Es sind meist Freiberufler, wie Fotografen, Roadies, Ingenieure, Coaches usw. Sie leben im Wohnmobil und fahren damit zu ihren Kunden.
- Saisonarbeit mit dem Wohnmobil: das Skigebiet in Österreich, die Almhütte in der Schweiz, die Surfschule an der Ostsee … Saisonarbeit kann die Möglichkeit bieten, in wenigen Monaten im Jahr richtig viel zu arbeiten, dabei gutes Geld zu verdienen – so viel, dass es für das Reisen und Leben im Wohnmobil im restlichen Jahr reicht.
- Selbständig im Internet: So wie wir es tun, und viele unserer Freunde und Bekannte ebenso: selbständig (oder teilweise auch angestellt) als Webdesigner, Texter, Programmierer, Fotograf, Onlineshopbetreiber. Manche arbeiten alleine, andere haben Angestellte oder Projektpartner.
- Im Wohnmobil wohnen – und in Deutschland arbeiten? Es gibt nicht Wenige, die dauerhaft im Wohnmobil leben und einen festen Job haben. Manche stehen auf dem Firmengelände oder in der Nähe, unternehmen größere Reisen nur in ihrer freien Zeit – und nutzen dann jede Sekunde, um mit ihrem Wohnmobil zu reisen. Eine „Problematik“ bringt dieser Lebensstil mit sich: man lebt auch im Winter im Wohnmobil. Und das kann recht frisch werden. Zumal man dafür auch das richtige, winterfeste Fahrzeug benötigt.
- Anschaffung und Unterhalt des Wohnmobils: kleiner Camper oder großes Wohnmobil mit Hänger – der Unterschied bei den Kosten ist enorm. Und damit meine ich nicht nur Kfz Steuer oder Wohnmobilversicherung. Sondern auch, ob du Reparaturen selbst erledigen kannst oder wegen jeder Kleinigkeit eine Werkstatt suchen musst. Ein wenig Ahnung von Technik sollte jeder, der sein Wohnmobil als Dauerwohnung nutzen möchte, schon mitbringen. Selbst herausfinden zu können, warum gerade der Strom nicht geht oder wie man das Fenster abdichtet, ist Gold wert.
- Dein Reiseverhalten – Bucketlist oder SlowTravel? Zu Beginn starten viele Womonomaden zu schnell in ihr mobiles Leben. Im Sommer nach Skandinavien, im Winter nach Marokko – damit sind viele Kilometer und viele Länder verbunden. Unser Ding ist das nicht, wir möchten ein Land möglichst intensiv kennen lernen. Viele Kilometer sind mit hohen Kosten verbunden: Diesel, Abnutzung des Fahrzeugs, eventuell kommen noch Maut und Fährgebühren hinzu. Wer langsam reist, spart also Geld.
- Leben auf dem Campingplatz? Kosten für Wohnmobilstellplatz oder Campingplatz können schnell in die Hunderte gehen. Wir haben diese Kosten nicht, andere sehr wohl.
- Selbständig, Rentner, Saisonarbeiter oder ??? Ein großer Kostenfaktor ist immer die Krankenversicherung. Dass einige Aussteiger im Wohnmobil leben und keine adäquate Versicherung haben, und auch keine Rücklagen – was ich davon halte, behalte ich lieber für mich. Ihre Kalkulation: wenn sie krank werden, kehren sie nach Deutschland zurück – mit der Hartz IV – Anmeldung gibt es die Krankenversicherung gratis dazu. Es geht aber noch weiter: bist du schon in Rente oder solltest du dafür noch privat vorsorgen? Krankenversicherung und private Rentenvorsorge, dazu vielleicht noch Hafptlichtversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung – und schon sind 500-1000€ im Monat durchgebracht.
- Minimalist oder Genussmensch? Schweizer Schokolade, nur die feinste Kaffeesorte, ein edler Tropfen Wein darf auch nicht fehlen – alleine bei den Kosten für Lebensmittel scheiden sich die Geister. Wir benötigen 400€ im Monat – für Haushalt, zwei Menschen und zwei Hunde. Andere benötigen die Hälfte oder das Doppelte.
- Die eigenen Ansprüche an dein freies Leben im Wohnmobil: Frei ist, wer genug Geld hat um frei entscheiden zu können, ob und für was er es ausgibt. Einmal wöchentlich oder öfters Essen gehen – wir machen das gerne. So lernen wir die Küche eines Landes kennen. Hier eine Bootstour, dort eine Quadtour, dann wieder eine Stadtbesichtigung – man bekommt sein Geld schon los, wenn man was unternimmt. Viele leben im Wohnmobil, ohne dass sie Geld haben für solche Sonderausgaben. Das ist natürlich auch in Ordnung – hätten sie den Anspruch, sich regelmäßig etwas gönnen zu wollen, dann würden sie vielleicht nicht im Wohnmobil wohnen. Sie haben sich dazu entschieden, ein paar Jahre früher in Rente zu gehen, mit Abstrichen.
Die Kosten eines Wohnmobillebens
Was kostet das Leben im Wohnmobil? Diese Frage kann ebenso wenig beantwortet werden wie „Was kostet das Leben in einer Wohnung?“. Denn es sind zu viele Faktoren, die hier mit reinkommen:
Meine Kosten für mein Wohnmobil-Leben
Kosten für 1 Person, 1 Camper, 1 Hund | |
Infrastruktur: Waschsalon, VE, Campingplatz | 25 |
Lebensmittel, Haushalt, Restaurant | 250 |
Unterwegs: Parkgebühren, Eis, Eintritt, Nippes … | 50 |
Camper Steuer, ADAC, Versicherung | 100 |
Camper Maut, Benzin | 300 |
Versicherung: BU, Haftpflicht, Hund | 100 |
Versicherung: Krankenversicherung | 100 |
Hund: Tierarzt, Medikamente, Futter | 50 |
Dinge des Alltags: Klamotten, Technik, Deko … | 50 |
Internet über Mobilfunk | 50 |
Abos: Spotify, netflix | 25 |
Rücklagen: Camper Reparatur | 50 |
Rücklagen: private Altersvorsorge | 250 |
Rücklagen: für Notfälle | 100 |
1500 |
Rumtreiber-Collection: sie alle leben im Wohnmobil!
Ich habe eine Interview-Serie gestartet und Bekannten, Freunden und Bloggern Fragen gestellt. Zu ihren Beweggründen, ihrem Fahrzeug, ihrem Leben im Wohnmobil. Hier kannst du ihre Antworten lesen: