Wir versuchen unser Glück, und fahren die Piste von Mhamid nach Foum-Zguid. Ob das ohne Allrad überhaupt geht? Die Einen meinen ja, die Anderen meinen vielleicht, doch keiner wagt ein klares Nein. Also werden wir es herausfinden. Ebenso, ob wir an die Wüste Erg Chegaga rankommen. Und auch wieder rauskommen.

Ich stelle vor: die Rallye-Teilnehmer

Debbi mit Kolumbus (und Emy und Jackson und Farah)

Sie hat die Französischkenntnisse, die wir alle gerne hätten. Und sie hat einen frisch lackierten Bremer namens Kolumbus, der glänzt noch richtig. Noch. Auch hat sie derzeit drei Hunde: der Teenager Jackson, der sich kürzlich den Schwanz (den hinteren) in der Schiebetüre böse eingeklemmt hat, das Hundekind Farah, das sie vor zwei Wochen in Zagora eingesammelt hat, und die betagtere Pudeldame Emy (a.k.a. Flauschi).

Robby & Stefan mit Fanti (und Emily) a.k.a. „Yellow Truck Tours“

Alle fahren Mercedes, aber nur sie fahren einen mit Allrad. Der 911er mag keine Servolenkung haben, dafür aber hat er einen richtig guten Bergegurt.
Und sie haben bereits im letzten Jahr Erfahrung sammeln können, in Marokko, in der Wüste, im Sand, auf der Piste. Deshalb nennt man sie auch „die Reiseleitung“.

Tanja & Andre mit Vario (und Max und Ziva) a.k.a. „Croslimot“  

Sie fahren die Schiffsschaukel, die Wanderdüne, den Wandschrank unter den Rallyeteilnehmern. Ihr Vario hat zwar einen Backofen, aber keinen Allrad. Man kann halt nicht alles haben.

Dafür haben sie (also wir) zwei Hunde, die sich in der Sandwüste pudelwohl fühlen – viel Sand, kein Wasser, viele Kamelbonbons. Sie führen die Karawane an. Denn wo der Vario durchkommt, kommen auch die anderen durch.


Camp 1: kleine Dünen und böse Vögel

Losgefahren sind wir ja schon im letzten Blogpost. Der erste Fahrtag ist auch recht spaßig. Es gibt einige Passagen mit viel Sand, durch die wir problemlos kommen. Nur, um kurz vor dem Tagesziel doch stecken zu bleiben – und das ganz unnötigerweise. Okay, ein paarmal hat die Variocrew echt Glück. Während die anderen warten und wir nicht vorhandene Wege zum Übernachtungsplatz ausloten, kommen wir fast nicht mehr raus aus der Nummer.

Fündig werden wir dann in einem Dünenfeld mit putzigen Minidünen. Es dauert eine Stunde, und alle Hunde haben die Dünen rundherum vollgekackt, jeder auf seine eigene. Und nicht viel länger dauert es, da kommen die ersten Marokkaner vorbei. Wieder trifft es Debbi, deren Hunde den ums Auto schleichenden Besucher nicht abkönnen. So sehr ich das Busleben mit offener Schiebetüre manchmal misse, hier hat es wirklich auch Nachteile.

Ziva mausert sich die Tage zu dem Hund, der niemals schläft. Solange sie draußen ist, ist Action angesagt. Und andere Hunde, die draußen sind, müssen dran glauben. Da wird über die Dünen getobt, und auch mal den Vögeln hinterher gejagt. Oder auch einfach nur dem Sand, der auch bei leichtem Wind über die Dünenkämme zieht.

Hier auch das gleiche Phänomen wie an Weihnachten an der Erg Chebbi: Zwei Krähen / Raben jagen das Hundekind über die Dünen. Sie fliegen tief und wieder hoch, und der Jagdtrieb des kleinen Hundes ist geweckt. Nur, dass es dieses Mal nicht Ziva ist, sondern Farah, auf die sie es abgesehen haben. Und es scheint, als haben sie es wirklich versucht, und den kleinen Hund im Sturzflug angegriffen!

Die Nummer geht aber nochmal gut, wir packen alle Hunde ein und fahren weiter. Irgendwie scheint der Boden heute sandiger zu sein als gestern, und ehe wir auf der Piste sind, hat sich Debbi einmal festgefahren. Der Fanti zieht sie aber mühelos wieder raus, und weiter geht’s.


Camp 2: Never Camp In The Wadi (sie tun es schon wieder!)

Wir haben kein Ziel, sondern einfach nur einen Track. Und je nachdem wie die Piste zu fahren ist, und sich ein nettes Plätzchen für die Nacht findet, soweit kommen wir dann halt. Heute finden wir einen Brunnen, und gleich daneben einen Lost Place. Das Haus ist komplett aus Lehm und Holz gebaut, und ich denke es wurde vor noch nicht allzu langer Zeit noch bewirtschaftet. Denn ich vermute, dass die Lehmhäuser in wenigen Jahren zerfallen, sind sie der Witterung ausgesetzt und werden sie nicht ständig ausgebessert.

Der Brunnen ist interessant: Es ist einmal der alte Brunnen, mit Plastikbehälter zum Herunterlassen. Gleich daneben der moderne Part: eine Viehtränke, die Wasser von der elektrischen, solarbetriebenen Pumpe bekommt. Das Wasser schmeckt gut, ist klar, und so werden ein paar Kanister abgefüllt.

Und was zu Futtern finden wir auch noch, denn hier wächst wilder Rucola. Ich ernte direkt einige Stängel, mal schauen, was ich damit machen werde.

Weiter geht es auf der Piste, die stellenweise recht grob ist und deshalb nur langsam befahren werden kann. Feines Waschbrett, dem man nicht entkommen kann. Die eine Piste besteht eigentlich aus 10 Pisten, denn jeder versucht, dem Waschbrett zu entkommen – was nicht wirklich gelingt. Zwischendurch ein paar sandige Passagen, durch die wir problemlos durchkommen. Was mir sehr recht ist, denn zwischenzeitlich sitze ich am Steuer, und mir fehlt noch ein wenig das Feingefühl beim Steuern der Schiffschaukel.

Irgendwann haben wir keine Lust mehr zu fahren, und weil sich vor uns ein hübsches, sandiges Wadi auftut, fahren wir durch das noch durch und parken einfach an dessen Rand. Hier hat es zwar null Internet, dafür gibt es frische KamelKackeKöttel für die Köters und Feuerholz für das abendliche Lagerfeuer.

Kurz, nachdem wir ankommen, taucht am Horizont ein grüner Kurzhauber auf. Es gibt also neue Protagonisten:

Annette und Benedikt (sind tatsächlich ohne Hund unterwegs !!)

Sie sind seit September mit ihrem grünen 911er unterwegs, wollen insgesamt ein Jahr in ihrem selbst ausgebauten Kurzhauber umherreisen.

Noch haben sie keine Erfahrung mit dem Fahren im weichen Sand, doch das soll sich bald ändern. Und wir werden schnell feststellen: es ist schon gut, ein zweites Allradviech mit dabei zu haben!

Da die jüngeren Rallye-Teilnehmer (noch) nicht unter seniler Bettflucht leiden und sich morgens den Wecker stellen müssten, um 10 Uhr abfahrtbereit zu sein, verschieben wir den morgendlichen Startzeitpunkt auf 11 Uhr. Und das ausgerechnet heute, wo meine morgendliche Routine mangels Internet bereits um 9 Uhr abgeschlossen ist.


Camp 3: Erg Chegaga – der ultimative Sandkasten

Heute haben wir ein Ziel: wir wollen an die Dünen von Erg Chegaga. Erg Chebbi, wo wir ja an Weihnachten waren, ist quasi der kleine, touristische Sandkasten. Erg Chegaga ist eine Hausnummer größer. Und es ist ziemlich ab vom Schuss, der nächste Ort ist 50 Kilometer entfernt. Dementsprechend weniger sollte hier los sein.

Die ersten Kilometer sind Piste, mal mehr, mal weniger ruppig. Es gibt ein, zwei Stellen, die Andre etwas Fahrgeschick einfordern. Wir führen die Kolonne an, und unsere Mitfahrer bestätigen meinen subjektiven Eindruck: der Vario kommt das eine Mal recht schräg daher. Aber es geht ganz gut, und an einer Oase legen wir eine Pause ein.

Hier liegt ein altes Auto, in dem der Legende nach Mauretanier erschossen wurden, nachdem sie die Grenze zu Marokko illegal überquert haben. Heute ist es ein beliebtes Fotomotiv, mit dem auch wir uns gerne befassen.

Während wir das tun kommen schon die ersten Marokkaner daher. Auf unsere Frage, ob man mit den Nicht-Allradlern denn die Piste nach Foum-Zguid überhaupt schaffen sollte, bekommen wir wieder keine eindeutige Antwort. Der Eine sagt nein, wir sollten umkehren, und in seiner Auberge in Mhamid einkehren. Alles klar. Wir halten seine Meinung für recht subjektiv und fahren weiter.

Nun steuern wir schnurstracks auf die großen Dünen zu. Und finden eine faszinierende Landschaft wieder. Vor zwei Monaten hat es geregnet, und vor uns liegt eine Ebene, voll mit blühendem Rucola. Dazwischen Dromedarherden, Bienenstöcke und die Qual der Wahl: welche Piste ist wohl die beste?

Unsere Strategie ist, möglichst lange auf einer festen Piste weiter zu kommen, und die Camps, die sich am Fuße der hohen Dünen befinden, zu umfahren. Naja, das klappt nur fast.

Es dauert nicht lange, und wir befinden uns auf einer reinen 4×4-Strecke.

Mit dem Weichsand ist es nämlich so: wer einmal steht, der steht. Also zumindest ohne große Reifen und Allrad. Auch können wir den Reifenluftdruck im Vario nicht ganz so sehr absenken wenn wir Piste fahren, wegen den Zwillingsreifen hinten – die sollten sich nicht berühren.

Du musst also immer fahren, darfst nicht anhalten um dir zu überlegen ob das denn überhaupt eine gute Idee ist hier weiter zu fahren. Du siehst auch die bessere Piste wenige Meter rechts von dir nicht, denn du bist ganz darauf konzentriert jetzt bitteschön nicht stecken zu bleiben. Doch dann ist es einfach zu viel weicher Sand, und wir stecken. Debbi, die hinter uns fährt, muss anhalten und steckt zwangsläufig auch.

Wie gut, dass wir inzwischen zwei Kurzhauber dabeihaben, die können Arbeitsteilung machen: einer zieht erst den Bremer dann den Vario hinten raus, der zweite 911er zieht beide dann von vorne auf die bessere Piste.

Im Video sieht das dann so aus:

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Wir stehen wieder auf halbwegs festem Boden und ändern die Formation: erst fährt der Grüne ohne Allrad voraus, dann der Vario hinterher, dann die Gelben und zum Schluss Debbi. Denn es ist absehbar, dass dies nicht die letzte Schikane sein wird, und wir das Abschleppseil nochmal brauchen werden. Und so kommt es auch, keine zwei Minuten später.

Eine Steigung mit Weichsand, das schaffen die Nicht-Allradler einfach nicht. Also wird wieder geschleppt, und zwar direkt auf einen Platz zwischen den Dünen. Für heute reicht es, wir kommen hier ohnehin nicht weiter, also bleiben wir hier einfach stehen. Wir sind neben einem Camp gestrandet.

Nicht wie gewollt, aber Okay. Die Campmitarbeiter fragen sich zu Beginn noch, ob diese komischen Deutschen vielleicht nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, schließlich fahren sie hier ohne Allrad in die Wüste. Aber, im Gegensatz zu den Campleuten beim ersten Mal festfahren, werden wir mit diesen hier eher warm, und so nehmen wir das Angebot eines Abendessens im Camp an.

Aber erst einmal geht es in den Sandkasten. Wir haben hier einen tollen Platz gefunden, die Hundekinder finden das auch, und schon geht das Gerenne los.

Dann kommt einer daher gefahren, wir bekommen Besuch:

Georg mit dem Magirus

Ein Bekannter von Debbi, der nur wenige Kilometer von uns entfernt ist, stößt zu uns. Er heißt Georg, ist ein „Badenser“ wie wir Schwaben unsere Nachbarn nennen, natürlich immer liebevoll gemeint, und fährt einen Magirus.

Wir bekommen Tee, Suppe und Tajine serviert, im schummrigen Ambiente. Und ziehen dann weiter zum Lagerfeuer. Der musikalische Teil des Abends beginnt, und die Trommler sind echt gut.

Vom Text verstehe ich nicht allzu viel, finde die Interaktion der Musiker aber super interessant – es ist oftmals so ein Frage-Antwort-Gesinge, die Sänger erzählen Geschichten und lobpreisen Allah. Irgendwann holt Stefan noch seine Gitarre hervor, und so wird es ein recht vielfältiger, musikalischer Abend. Dem Musikwunsch der Berber, er möge doch „Despacitos“ spielen, kann er leider nicht nachkommen. Dafür können die beiden Italiener in der Runde ein wunderbares „Bella Ciao Ciao Ciao“ mitschmettern. Gegen 23 Uhr ist allen fürchterlich kalt, Feierabend.

Camp 3 Tag 2: Doktorspiele und Gipfelstürmer

Wir müssen ja auf dem gleichen Wege wieder hier raus, wie wir auch reingekommen sind. Ach, das können wir auch morgen noch machen. Wir bleiben noch einen Tag hier.

Der Tag beginnt damit, dass wir Jackson ein paar gute Drogen verabreichen. Denn er hat echt keinen Bock mehr darauf, dass wir nach der Verletzung an seinem Schwanz schauen. Also ruhig stellen, Maulkorb an, und neu verarzten. Schon schade, dass er daran rumgenippelt hat, das Thema wäre jetzt schon durch.

Zum Mittag gibt es die letzte anständige Pizza, mit Rucola, dem letzten Serrano-Schinken und dem letzten Käse im Hause.

Der heutige Verdauungsspaziergang wird dann etwas anstrengend: es geht auf die große Düne rauf. Während Andre noch telefoniert gehe ich schonmal vor, ich brauch ja eh länger. Doch erstmal komme ich kaum vom Platz, denn einer von Debbis Hunden findet dieses Schätzelein:

Wie das dieser Tage so ist: Ziva läuft das Fünffache, Max ist gleich total langweilig, wenn ich nur kurz zum Fotografieren anhalte, und Farah kommt irgendwie auch mit.
Sie hat eigentlich nicht die Kondition, aber Ziva weiß schon, wie man so ein junges Mädel auf Trab hält: es wird gespielt bis zum Umfallen.

Andre holt mich auf halber Strecke ein, und wir suchen uns die zweitgrößte Düne aus. Es ist anstrengend im weichen Sand, aber es geht. Bis auf die letzten 20 Meter, da hol ich mir fast einen Krampf in der Wade und mein Puls ist irre hoch, denn es ist super steil und der Sand ist elendig weich. Die Aussicht von da oben ist dann schon ziemlich geil.

Am Abend machen wir uns noch ein Lagerfeuer. An der Düne entlang gibt es einen „Wald“ mit diesen gummibaumartigen Gewächsen, die brennen wie Zunder. Die sind auch wirklich nur zum Feuermachen gedacht, denn die Milch in den Blättern soll giftig sein. Wir sind uns aber nicht ganz sicher ob wir das so richtig verstanden haben, weshalb die Hunde am Abend Stöckchenverbot haben.

Wir haben den Abfahrtstermin wieder auf 10 Uhr gelegt. Denn morgens ist der Sand noch kalt, da soll er besser befahrbar sein.

Beim Losfahren wird nicht lange gefackelt: die 911er packen die Bergegurte aus. Der Grüne hat den Vario im Schlepptau, der Gelbe den Bremer. Wir wären keine 50 Meter weit gekommen, und erst recht nicht über den Hubbel, den wir gestern noch so mit Ach und Krach geschafft haben. Der Vario hängt am 911 wie ein nasser Sack. So, dass der gut zu tun hat, schließlich muss er über sieben Tonnen durch den Sand ziehen. Die sandige Passage ist schnell vorbei, und wir suchen den Weg, den wir hergekommen sind.

Die Hundekrankenstation

Natürlich passiert immer da was, wo man keine Chance auf einen Tierarzt hat. In diesem Teil von Marokko gibt es zwar Amtstierärzte, aber die sind primär mit der Lebensmittelkontrolle beschäftigt – ihre Hauptaufgabe ist vermutlich das Kontrollen von Fleisch auf den Märkten. Mit der Behandlung von Hunden kennen sie sich eher nicht so gut aus. Also ist DoItYourSelf angesagt.

Jackson hat sich vor ein paar Tagen seinen Schwanz in der Schiebetüre eingeklemmt. Ist nicht schön, kann aber passieren. Wir haben ihn teils mehrmals täglich verarztet, die Wunde ausgespült und verbunden. Nähen kann man das ohnehin nicht (dank jahrelanger Erfahrung mit Tizon weiß ich sowas, ob ich will oder nicht).

Ziva bekommt ein entzündetes Auge. Vermutlich vom ausgiebigen Spielen im Sand, ich habe ihr eine halbe Düne aus dem Auge gespült. Es ist etwas geschwollen, und ich denke es sauber zu halten müsste ausreichen.

In diesem Zuge merke ich erneut, dass unsere Reiseapotheke doch sehr knapp bestückt ist. Wir haben nicht viel da. Wir könnten Wunden irgendwie verbinden, Augen mit irgendwas ausspülen, aber das nur notdürftig. Während das in Portugal Okay ist, weil du überall eine Apotheke und Tierarzt findest, wäre es hier im Niemandsland echt doof, könnten wir uns selbst nicht helfen. Daher steht für EIWOLA eine Reiseapotheke auf der Todo-Liste.


Camp 4: Wenn der Weg ein kleines Arschloch ist.

Wir müssen jetzt erstmal einige Kilometer zurück, zu der Oase, an der wir vorgestern bereits vorbeigekommen sind. Hier fährt Georg in die Richtung aus der wir hergekommen sind, die Mercedesse sind also wieder unter sich.

Ab der Oase wird der Weg schlecht. Und schlechter. Nicht im Sinne von sandiger, sondern es hat Steine. Wären die Steine allzu scharfkantig gewesen, vermutlich wären wir hier umgedreht. Wenn man denn hätte umdrehen können.

Und als man denkt, es könnte doch jetzt langsam mal wieder besser werden, da wird es richtig schlecht. Wir müssen durch ein Oued, eine Bachdurchfahrt steht also an. Wie erwartet eine recht trockene Angelegenheit, doch diese hier ist auch noch steinig. So steinig, dass wir nach einiger Diskussion beschließen umzudrehen. Wobei sicher auch eine Rolle gespielt hat, dass Andre es gerade noch so gesehen hat: die Debbi hat einen mords Stein unten an ihrer Ölwanne. Er hat sich schon verkeilt. Ein paar Zentimeter weiter, und es hätte blöd ausgehen können. Da war sehr viel Glück mit im Spiel.

Umkehren. Denn keiner weiß, was noch alles kommt – und schließlich haben wir noch über 80 Kilometer Piste vor uns. Wirklich keiner will am Ende 130 Kilometer zurückfahren, weil wir am Ende doch nicht durchkommen. Zumal wir dann wieder an genau diesem Oued stehen würden – das ist andersrum noch schwieriger.

Wir drehen also um. Jetzt stehen die beiden Nicht-Allradler quasi schon fast im Bachbett, und müssen mit einer Aktion „Wenden in 20 Zügen im Steinbruch“ in die richtige Richtung gebracht werden. Kaum sind wir fertig, kommt ein Motorradfahrer daher, ein Bayer. Noch während er sich mit den Gelben, ebenfalls Bayern, auf bayrisch unterhält, gehen wir dazu über, den lieben Jackson nochmal zu verarzten. Denn der hat sich mal wieder den Verband abgenippelt, trotz Maulkorb. War mein Fehler, ich hatte ihn absichtlich nicht so feste gemacht, in der Hoffnung, dass etwas mehr frische Luft an die Wunde kommt. Jetzt kommt aber wieder zu viel frische Luft dran, also wird er auf die Seite gelegt, fixiert, und aufs Neue verbunden. Währenddessen kommen zwei weitere Motorradfahrer, Mitfahrer vom Bayer, die aber eine andere Piste gefahren sind. Sie sind erstmal sehr erschrocken, dass da offenbar auf offener Piste eine OP stattfinden, direkt neben dem Motorrad von dem Bayern. Sie sehen nicht gleich, dass wir nur den Hund verarzten, und nicht den Bayern, und gucken erstmal sehr erschrocken.

Doch das klärt sich recht schnell, und so erzählen sie, wie die Piste ihrer Ansicht nach zu fahren ist. Und plötzlich sind die Karten neu gemischt. Sie meinen nämlich, dass wir vor der schwierigsten Stelle stehen, schlimmer wird’s nicht, sondern besser. Die beiden sind nämlich die nördliche Piste gefahren. Das hört sich alles sehr glaubwürdig und solide an. Andre muss entscheiden, was zu tun ist. Denn wenn er da unbeschadet durchkommt, dann schafft es auch Debbi. Und keiner möchte, dass hier sich irgendjemand das Auto kaputt macht, das Risiko ist den Spaß nicht wert.

Die optimistische Ader entscheidet positiv, und nachdem der Weg mit Steinen (davon mangelt es hier ja eher nicht) etwas geebnet ist, tastet sich erst der Vario durchs Oued, Zentimeter für Zentimeter.

Natürlich muss gerade jetzt von hinten ein Pickup daherkommen, und von vorne ein Moped mit zwei jungen Marokkanern darauf durch das Oued. Diese nutzen auch gleich die Gelegenheit und fragen nach Werkzeug, denn irgendwie ist eine Schraube vom Lenker nicht mehr im Gewinde drin, weil sich dieses irgendwie im Stoßdämpfer verabschiedet hat. Was weiß ich. Während Andre schon durch den Bach ist und weiterfährt, bis er mal etwas rechts ran kann, repariert Stefan den Marokkanern ihr Moped.

Das dauert einige Minuten, und dann kann es endlich weitergehen. Stefan und Benedikt dirigieren Debbi durch den Bach, ich sitze auf dem Beifahrer, habe immer ein Auge auf Jackson. Doch der denkt gar nicht daran seinen Verband abzunippeln, der pennt. Wir kommen gut durch, ohne dass was quietscht. Und weil die Steine auch hier echt rund sind und kein bisschen scharfkantig, ist die Nummer auch für die Reifen nicht wirklich schädlich. Das Wichtigste ist, dass unterm Auto nichts kaputtgeht: Ölwanne, Differential, Kardanwelle – das wollen wir alles wieder heile nach Hause bringen!

Wir kommen alle gut durch, und nach dieser Nummer wünschen sich vor allem die Bewohner der Zweirad-Antrieb-Wohnmobile ein baldiges Ende des heutigen Fahrtags. Denn es ist super anstrengend. Der Vario fährt an der Spitze der Kolonne, und man muss ständig schauen und die Steine nach ihrem Risiko für’s Auto bewerten. Zwischendurch steige ich einfach mal aus und räume einige Steine aus dem Weg. Warum auch nicht, wir fahren doch ohnehin Schrittgeschwindigkeit.

Jetzt müssen wir aber nur noch aus dem Geröllfeld raus, und hoffen, dass die litauischen Motorradfahrer recht behalten, und die Piste nah ein paar Kilometern besser wird. Tatsächlich finden wir noch ein schönes Oued mit kleinen Dünen. Spaghetti, Lagerfeuer, Feierabend, Bettchen. Wir haben heute ungefähr sieben Stunden für 25 Kilometer gebraucht. Morgen wird anständig gefrühstückt. Sicher ist sicher.

Nachts gibt es kein Internet in der Wüste

Es ist ja schon der Knüller: wir stehen fernab der Zivilisation, der nächste Ort ist um die 50 Kilometer entfernt, und wir haben LTE Internet. Wenn auch nur von morgens um 10 bis abends um 10, denn irgendwie ist es über Nacht aus. Wir vermuten, dass der Funkturm mit solar läuft, und die Batterie hinüber ist – deshalb gibt’s nachts in der Wüste kein Internet. Aber Moment, es ist Mitternacht, jetzt geht es wieder. Hat da einer den Moppel angemacht? Man weiß es nicht.

Punkt 10 Uhr geht es los. Alle hoffen, dass die Piste heute gnädig mit uns ist, dass sie bald besser wird.


Camp 5: Luftlos durch die Dünen

Die ersten Kilometer sind ähnlich mies wie die letzten gestern – aber nur gefühlt, Fakt ist, wir sind doppelt so schnell unterwegs. Also wenn man 2. Gang Standgas überhaupt als schnell bezeichnen darf. Es kommen ein paar Oueds, die grenzwertig sind. Einmal müssen wir die Senke entschärfen, etwas mit Steinen unterbauen, damit wir mit der Schrankwand durch den Bach kommen. Es ist echt gut, dass gleich mehrere Jungs mit dabei sind, die fahren können und Erfahrung haben: Andre fährt, die anderen beiden gucken, die Mädels gucken mit. So kommen wir durch, und für Debbi im Bremer ist das kein Problem mehr. Sie hat einen deutlich kürzeren Radstand, und vor allem keinen Überhang.

Langsam wird die „Straße“ etwas besser. Es liegen weniger Steine im Weg rum, dafür gibt es hier und da ein paar Engstellen. Wie dieser Baum. Der einzige Baum, der uns auf den 80 Kilometern Piste bisher übern Weg gelaufen ist, er kam aus dem Nichts. Wir haben ihn zu spät gemerkt und jetzt müssen wir unsere LTE-Antennen neu aufs Dach kleben. Mal wieder.

Wir wollen noch ein letztes Mal im Sand stehen, und fahren einfach die Offroad-Piste rein, die der Erg Chegaga entlangführt. Mal schauen, wie weit wir kommen. Sie wird immer sandiger, und wir finden ein paar nett aussehende Mini-Dünen. Andre gibt Gas, fährt rein, und kommt auch ziemlich weit, ehe er dann doch steht.

Jetzt will er es wissen: Nochmal richtig gut Luft aus allen sechs Reifen lassen, was bringt das? 1,8 Bar, damit fährt man nicht durch die Gegend. Denn die Zwillingsreifen berühren sich und werden heiß, das ist nicht gut. Aber für ein paar Runden durch den Sand, das geht. Und funktioniert auch ganz wunderbar.

Debbi versucht uns zu folgen, kommt aber nicht ganz so weit. Und wieder zeigt sich: Wer lenkt, verliert. Solange man geradeaus fährt, geht es viel. Doch umso stärker man einlenken muss, oder sobald es bergauf geht, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man steht.

Wir stehen auf jeden Fall nett zwischen den Dünen. Es gibt Holz für’s Feuer, Robby macht Teig und Soße für’s Stockbrot, und wieder wird es ein netter Abend.

#kkmc – krasser kochen mit der Tajine

Früher gab es bei uns Variationen von Gemüsepfanne, heute gibt es Variationen von Tajine. Und wenn das so weitergeht, bringe ich noch einen Artikel raus mit meinen liebsten Tajine-Rezepten. Das „Berber-Omelette à la Tanja“ oder die „Tajine Italian Style“ oder die „Tajine mit Mäh und Muh“ – es gibt schon einige richtig leckere Varianten. Und ich bin noch am Experimentieren. Heute haben wir gelernt: Pommes aus der Tajine, das wird nix.


Camp5, Tag 2: ach komm, einer geht noch.

Eigentlich wird es langsam mal wieder Zeit für etwas Zivilisation, und ein Einkaufsladen wäre echt schön. Denn noch ist irgendwie schon noch was zu essen da, aber das leckere Zeugs ist irgendwie schon alles weg. Aber was soll’s es ist der letzte schöne Platz in den Dünen, sowie wir hier weg sind, fahren wir aus der Sandwüste raus. Also hängen wir noch einen Tag dran.

Da darf der nette Besitzer der Auberge ein paar Kilometer weiter noch ein kleines Geschäft machen und der Truppe Coca Cola in die Wüste liefern. 2€ pro 0,35l Fläschchen sind freilich auch Wüstenpreise, aber das kann man schonmal machen. Wie die Berber in den Tagen davor ist er an den kleinen Hunden durchaus interessiert. Dass er Ziva gegen ein Schaf eintauschen würde, war dann aber wohl doch scherzhaft gemeint. Würden das kleine Miststück … äh … Schätzelein ja aber auch nicht mehr hergeben.

Der restliche Tag geht dann auch noch rum: Gassigehen, EIWOLA weiter planen, kochen, eine Düne aus dem Wohnmobil kehren, Jackson neu verbinden, bissle quatschen, am Lagerfeuer hocken. Schwupps, Tag um.

Bettelnde Nomadenkinder

Eines hat mich heute aufgeregt. An einem Teilstück der Piste, kurz vor unserem Übernachtungsplatz, sind einige Behausungen, die auch ziemlich ärmlich aussehen. Hier wohnen offensichtlich kinderreiche Familien. Und die Kids, die sind nicht in der „Ecole de Nomads“, der Schule eingangs der Siedlung. Vielmehr sind sie alle auf dem Weg zur Piste. Und zwar um zu betteln. Krasser noch: zusammen und angetrieben von der Mutter laufen sie zur Piste um uns abzufangen. Pantomimisch stellen sie dar, dass sie Hunger haben. Sie sehen gut genährt aus, die Mutter auch etwas mehr als das, und im Übrigen hüten sie gerade eine Ziegenherde. Was mich aufregt ist der Umstand, dass es sich vermutlich lohnt. Die Leute hier haben gelernt, dass es sich lohnt zu betteln. Und sie bringen ihren Kindern bei, dass man sich Zeugs einfach erbetteln kann. Ich bin mir nicht sicher, ob die wirklich bettelarm sind, oder ob das einfach ein nettes Zubrot ist. Auf jeden Fall werden hier Kinder vorgeschickt um Mitleid zu erregen. Und ich kann nur vermuten, dass diese Taktik öfters mal aufgeht, dass es sich lohnt. Denn sonst würden sie es nicht tun. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Kinder auch zur Schule gehen. Damit sie später nicht betteln müssen.


Camp 6: Lac Iriki und Foum-Zguid

Weiter geht’s, die letzte Etappe. Wir haben uns einiges vorgenommen, um die 70 Kilometer. Haha, die letzten Tage haben wir bis zu sechs Stunden für 20 Kilometer gebraucht, und heute die Ochsentour, oder was? Sobald wir aber aus dem Sand draußen sind, beginnt die Autobahn – der Lac Iriki. Das ist ein ausgetrockneter Salzsee.

Teilweise so glatt wie eine geteerte Straße, teilweise fahren wir sogar im vierten Gang, Wohooo!

Doch alles Gute hat irgendwann ein Ende, und nach dem See ist vor der nächsten miesen Piste. Die ist erst etwas ruppig, danach nur noch nervig: man sieht das Ziel, Foum-Zguid, schon am Horizont. Doch die Piste ist so schlecht, es hat so viel Waschbrett, man kommt einfach nicht vorwärts. Und Foum-Zguid kommt einfach nicht näher.

In Foum-Zguid gehen wir erst in ein Restaurant und essen was. Dann geht es in die Geschäfte nebenan und füllen die Vorräte wieder auf. Nach über einer Woche hat niemand mehr was Frisches auf Lager, und der Obststand ist schnell gefunden.

Nun nur noch auf einem Campingplatz einparken. Wir nehmen den Erstbesten am Ortsrand. Er kostet nicht viel, hat aber auch nicht viel zu bieten, ein geschotterter Innenhof und keine Waschmaschine. So werden wir wohl morgen schon wieder weiter fahren.

Und, nochmal?

Wie geil! Nie wieder! Wir sind in gut einer Woche ungefähr 190 Kilometer Piste gefahren. Wir hatten immer tolle Übernachtungsplätze, aber nicht jeder Pistenmeter war toll. Zwischendrin und nochmal am Schluss war sie einfach zu steinig, zu uneben. Da muss man langsam machen, vorsichtig sein. Das eigentliche Anstrengende aber war: man schaut beim Fahren auf die Piste und muss jeden Stein bewerten. Das mache sogar ich als Beifahrer.

Also ja, wir werden da nochmal runterfahren. Nächstes Jahr, wenn unser Allradviech fertig ist. Dann geht es aber auf die „Definitiv-Nur-Für-Allrad“ – Route. Da ist viel mehr Sand und weniger Piste. Und Erg Chegaga war schon sehr hübsch und sehr groß, diese Sandwüste gefällt uns doch sehr.

Auf jeden Fall vielen Dank an die Mitfahrer, denn Allradviechern und seiner Besatzung Robby und Stefan und Rumgurken für das betreute Pistenfahren, und natürlich auch ein Dank an Debbi mit Hunden für die nette Reisebegleitung. Und das Abfangen der Marokkaner. Die sind nämlich alle bei ihr gelandet ?

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