Nach ein paar verregneten Wochen und stressigen letzten Tagen freuen wir uns sehr, auf die Überwinterung im hoffentlich sonnigen Marokko. Unser Ziel wird der Süden sein, die Ecke mit den großen Sandhaufen. Doch vorläufig ist der Weg dorthin das Ziel:


Etappe 1: von der Quinta auf die Fähre

Wir machen los und wir wissen es schon, irgendwas haben wir garantiert vergessen. Doch noch wissen wir nicht, was. Wir werden es herausfinden.

Heute jedoch nicht, denn wir sind total übernächtigt. In Castelo Branco gehen wir nochmal fein essen, und tatsächlich schaffen wir es – wirklich das allererste Mal in den letzten 7 Jahren – ins Kino. Avatar läuft, und zwar in 3D. Der Film ist gut, wenn ich den ersten Teil von den Bildern und von der Story her besser fand. In Portugal laufen Hollywood-Filme normalerweise im Original, also auf Englisch, mit portugiesischem Untertitel. Der hat uns dann auch gerettet, wenn man vor lauter Ballerei nichts verstanden hat. Da ich eigentlich schon zu Filmbeginn bettreif bin und der Streifen 3h dauert, schlafen wir auf dem Supermarktparkplatz direkt am Kreisverkehr trotzdem ausgezeichnet.

Unser nächster Stopp heißt Boschdienst. Den kennen wir schon, und auch sie erkennen uns wieder – dabei ist es bereits zwei Jahre her, dass wir bei ihnen waren, und sie unseren Stabi ausgebaut haben. Der liegt übrigens immer noch an der Hauswand der Werkstatt.

Heute gibt es einmal Ölwechsel und Abschmieren. Einen neuen Ölfilter brauchen wir nicht, meint er. Soll heißen, sie haben gerade keinen passenden da.

Der nächste Stopp führt zu einem Neu-Quinta-Besitzer-Pärchen. Sie heißen Friendz_in_Benz auf Instagram. Hier verbringen wir einen schönen Abend, quatschen etwas und fahren am nächsten Morgen weiter. Für die nächsten Monate leihen wir uns hier noch ein Multimeter. Ja, der Herr Stromexperte hat die Strom-Reparatur-Kiste im Steinhaus liegen lassen.

Der letzte „Termin“ in Portugal ist bei einer deutschen Auswanderin, die ich vor ein paar Jahren kennengelernt habe. Evelyn arbeitet kreativ und zaubert aus alten Möbeln neue. Schaut nur, was sie aus dem Stück Fenster gemacht hat, eine wirklich schöne Garderobe für das Steinhaus:

Voll getroffen! Wer auch was von ihr haben will: Alentejo Factory auf Instagram

Nun darf das gute Stück mit uns eine Marokko Rundreise unternehmen. Ist ja zum Glück nicht sperrig oder so …


Urlaub!

So, ab sofort können wir uns mal wieder etwas aufs Reisen konzentrieren. Wir haben hochoffiziell Urlaub. Ist übrigens der erste richtige Urlaub dieses Jahr. Das mit der Konzentration ist auch bitter nötig. Wir scheinen etwas aus der Übung zu sein. Und außerdem muss man die Tage schauen, dass man nichts anfasst, das noch kaputt gehen könnte. Aber auch wenn wir was nicht anfassen, geht es kaputt.

Nebst der Windschutzscheibe hat nun auch das LED-Lichtband im Laster beschlossen, nach 3 Jahren Dauerbetrieb erste Aussetzer haben zu wollen. Eine der beiden Überwachungskameras auf der Quinta hat spontan kein Bock mehr Bilder zu schicken. Und ich muss dringendst Schlaf nachholen.

Wir fahren durch den Alentejo. Die „guten“ Straßen hier werden wir eher nicht vermissen. Dabei gehen die ja mit dem Laster noch, die großen Reifen schlucken vieles.

Beeindruckend ist, wie voll die ganzen Seen sind. Auch am Tejo kann man sich aktuell nicht über Wassermangel beklagen.

Für unsere letzten Nächte in Portugal packen wir uns an den Alqueva. Der größte Stausee hierzulande ist fast voll, so finden wir ein schönes Plätzchen direkt am Wasser.

Der benachbarte Bauer lässt nicht lange auf sich warten, kommt daher gefahren und versucht uns auf Französisch zu erklären, dass der Wasserspiegel noch steigen könnte. Ich glaube, es war Französisch, zumindest größtenteils. Die älteren Herrschaften mit den zwei Zähnen zwischen den Lücken verstehe ich manchmal einfach nicht ganz so gut. Meinen Vorschlag, dass wir ihn rufen, wenn wir absaufen, und er uns dann mit seinem Traktor rausziehen kann, hat er zu Recht als Witzchen verstanden. Vermutlich hat er nur so einen 2-Tonnen-Traktorchen, damit zieht man mal gar nichts raus.


Bom … ähm … Buenos dia …. s !

Wir machen rüber nach Spanien. Fahren über die Grüne Grenze. Die ist so grün, dass es noch nicht einmal ein Schild gibt. Das ist wohl mal abhanden gekommen.

Vor Marokko wollen wir noch ein paar Dinge besorgen. Hundefutter, Kaffeebohnen, was man dort halt nicht so dolle bekommt, zumindest abseits der größeren Städte. Dies am 24. Dezember einkaufen zu wollen, eine grandiose Idee. Haben wir nicht erst vor ein paar Tagen Freunden empfohlen, rechtzeitig vor Weihnachten einkaufen zu fahren? Nun ja, im Dunstkreis des Mercadonas ist weit und breit kein Parkplatz in Sicht. Dann halt nicht.

Wir parken den Laster auf einen mäßig schönen Platz ein. Für die Nacht ist es Okay.

Wir tüddeln langsam gen Mittelmeerküste, unser Ziel ist Algeciras. Es sind Feiertage. Die Spanier haben frei, die Läden sind zu. Immerhin finden wir in Sevilla noch eine Tankstelle mit LPG. Noch ein bisschen Diesel in den Laster laufen lassen, dann noch eine Zwischenübernachtung an einem netten See mit schlechtem Internetempfang.

Aber Okay, wir haben ja einen Zweitrouter mit externer Antenne, ab damit. Dumm nur, dass wir den Router offenbar auch im Steinhaus haben liegen lassen. Wir fahren besser mal weiter.

Eigentlich wollten wir noch ein paar Tage am Strand stehen, ehe wir rübermachen. Doch irgendwie planen wir spontan um und wir buchen für den nächsten Morgen ein Fährticket. Diese Ecke von Spanien ist aber auch so laut und voll. Gut, vermutlich ist so ein Einkaufszentrum am 2. Weihnachtsfeiertag noch lauter und voller als sonst.

Meine Shopping-Laune ist im Lidl gut, im Klamottenladen geht’s gerade noch. Im Decathlon laufe ich in die eine Türe rein und direkt zur anderen Türe wieder raus. Spanische Familientreffen im Neonlicht, das ist dann doch zu viel des Guten.

Wir fahren nochmal ans Wasser, lassen die Hunde an den Strand.

Unser Vorhaben, dort auch zu übernachten, verwerfen wir wieder. Denn ein Wohnmobil-Verbotsschild säumt die Zufahrt. Wir überlegen noch, ob die Policia an Weihnachten wohl am Strand patrouilliert und entscheiden uns dann doch für den lauteren Parkplatz am Einkaufszentrum.

Am nächsten Morgen stehen wir um Punkt 6:30 Uhr am Hafen. Andre ist gefahren, ich schlafe noch halb. Die Nacht war nicht sehr von Tiefschlafphasen geprägt, und ich hatte noch keinen Kaffee. War noch nicht im Bad. Da meint die nette Dame am Schalter, dass wir ein Boot eher nehmen können, eine Schnellfähre, das legt auch gleich ab.

Während Andre rückwärts auf das Schiff einparkt, lasse ich mir einen Kaffee raus. Also eher einen dreifachen Espresso.

So sind wir bereits um 8 Uhr morgens in Ceuta. Kühlschrank voll, Gastank voll, Dieseltank leer. Letzteres lässt sich hier wunderbar ändern, dank spanischem Tankrabatt von 20 Cents auf den Liter. Plus die günstigeren Dieselpreise in Ceuta. So kommen wir auf 1,13€ pro Liter – das hatte man auch schon lange nicht mehr. Bei leeren 900 Liter Tanks lohnt das.

Durch den Zoll kommen wir recht fix. Gefühlte 10x die Ausweise zeigen, irgendeiner macht dann auch einen Einreisestempel rein. Und weil wir mit dem großen Laster nach Meinung der marokkanischen Zollleute nicht in die reguläre Warteschlange passen, machen sie eine neue Spur für uns auf und wir dürfen alle anderen überholen. So schnell waren wir noch nie in Marokko.


Ein holpriger Start

Wir besorgen uns Maroc Telecom Karten und streunen eine kurze Runde durch den Marjane, eine Filiale der königlichen Supermarktkette. Die gute Auswahl an Weihnachtsdeko verwundert mich etwas, auch die hohe Anzahl an Frauen ohne Kopftuch. Wir holen uns eine kleine Marokko-Willkommens-Grundausstattung: Eingelegte Oliven, Mandarinen und Granatäpfel. Oliven und Obst, das können sie hier echt. Das ist ja schon in Portugal nicht schlecht, aber hier einfach noch eine Nummer geiler.

Wir steuern einen Platz an der Küste an. Und bekommen am ersten Tag den Hinweis darauf, dass man doch direkt auf sein Bauchgefühl hören sollte. Doch inzwischen ist Mittag, und ich brauche unbedingt ein Nickerchen. Also parken wir auf den Klippen ein, neben dem Heim einer marokkanischen Familie, und auch ein Militärposten ist gleich ums Eck.

Die Familienchefin, wir nennen sie nach kurzer Zeit nur „Frau Zweizahn“, kommt auch direkt daher und hält die Hand auf, will 5 Dirham Parkgebühr kassieren. Ja gerne. Ich vergebe übrigens keine Spitznamen aufgrund äußerlicher Merkmale, denn das finde ich nicht schön. Aber die Dame war uns recht schnell sehr unsympathisch. So fängt sie an, ihre Kinder, zwei Jungs, anzubrüllen. Warum weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass es nicht gut ist, wenn Kinder schnell auf 10 Meter Sicherheitsabstand gehen, wenn Mutti austickt. Das sagt einiges aus. Den halben Nachmittag plärrt Frau Zweizahn also ihre Kinder an, oder sie treibt die Schafe ums Haus, oder sie scheucht die Schafe rum, während sie die Kinder anbrüllt. Öfters kommt sie dabei auch direkt an unserem Wohnmobil vorbei. Als sie dann auch noch „kontrolliert“, ob unsere Staukästen und die Quadgarage ordentlich verschlossen ist, spätestens dann war es mit jeglicher Restsympathie vorbei.

Als es dunkel ist, kommen die Jungs vom Militärposten rum. Sie fragen nach unseren Ausweisdaten und wünschen uns eine gute Nacht. Eine Stunde später klopft Frau Zweizahn ans Wohnmobil. Keine Ahnung, was sie wollte, irgendwas wollte sie haben, wir wünschen ihr eine gute Nacht. Fünf Minuten später nochmal der Militärposten: er hat mit seinem Vorgesetzten gesprochen, und wir können hier jetzt doch nicht übernachten. Na, wenn da Frau Zweizahn nicht ihre Finger im Spiel hatte …

Uns ist es schnuppe, war jetzt ohnehin kein Wohlfühlplatz. Wir fahren in den nächsten Ort und stellen uns dort auf einen Parkplatz. Lieber etwas Verkehrslärm die halbe Nacht, als dieses Gekeife den ganzen Tag. Nun, gut geschlafen habe ich wieder nicht. Dass die Jugendlichen sich hinter dem Laster vor den Blicken anderer versteckt haben, um unter unserem Schlafzimmerfenster einen Joint zu drehen, war meinem Schlaf nicht gerade zuträglich. Verkehr, Müllabfuhr, Hundegebell usw. …

Dafür stehen wir direkt am Strand, und in der Morgendämmerung fahren sie mit den Fischerbooten raus aufs Meer.

Marokko, wie immer ein kleines Wechselbad der Gefühle. Wer das erste Mal hier ist, kann Probleme damit haben. Wir sehen es heute locker und sind gespannt, was der nächste Tag bringen mag. Wir fahren dieses Mal eine andere Route gen Süden: es geht erst ein Stück am Mittelmeer entlang, und dann schauen wir mal.

Die Küstenstraße ist auf jeden Fall fein. Links das Meer, rechts hat es Berge. Und als bekennende Klimaflüchtlinge können wir uns nicht beklagen: das Wetter ist super. Meist Sonne, kaum Wind.

Die Flüsse haben Wasser, und man sieht an den Oueds, dass es kürzlich gut geregnet haben muss. Unser erster auserkorener Übernachtungsplatz ist auf jeden Fall nicht mehr erreichbar, da hat es jetzt eine schöne, 1 Meter hohe Abrisskante.

Aber auch weniger schöne Bilder gehören zur Realität. Wie die Mülldeponie, wo sie den Müll in einem offenen Feuer verbrennen.

Meist kann ich die Kamera gar nicht so schnell drauf halten, wie die Motive am Straßenrand an mir vorbei ziehen. Die Felder werden mit Esel und Egge bearbeitet, wie bei uns vor 100 Jahren.

Und zweimal laufen uns Tiere vors Auto. Nein, nicht die Schafe, sondern ein Kätzchen und eine Ziege. Hier muss man echt aufpassen.

Man sollte beim Fahren also nicht so sehr die Landschaft bewundern, sondern auf die Straße gucken.

Aber ich bin ja nur Beifahrer, da kann man schonmal einen Blick zur Seite riskieren. Mehr Ausblicke gibt es also im nächsten Teil.

Fortsetzung folgt.

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