Masuren und polnische Ostsee: Kampfspuren und etwas Urlaubsfeeling
Huch, schon wieder ein Reiseblog, nach nur zwei Wochen? Ja, mir ist heute nach Schreiben und es gibt ja auch einiges zu erzählen. Genauer gesagt so viel, dass gerade zwei Artikel entstehen: den informellen Reiseblog heute mit unseren persönlichen Erlebnissen. Vermutlich Morgen kommt dann der offizielle Reisebericht über die Masuren, die polnische Ostseeküste und Danzig.
Kampfspuren vom Lidl
Fangen wir doch mal mit dem ersten richtigen Missgeschick meinerseits an. Es ist Fahrtag. Andre und ich, wir fahren gegen Mittag vom Campingplatz in Lötzen los. Weil ich ja tendenziell immer etwas schneller unterwegs bin mit meinem Kastenwagen erledige ich den Lebensmitteleinkauf im nächstbesten Supermarkt, und wir kommen in etwa zur gleichen Zeit am Ziel an. Also suche ich einen Lidl auf. An einem Freitag, dem Kampfeinkaufstag in Polen. Der Parkplatz ist voll, es wird außerhalb der Markierung parkiert und als ich wieder raus will kommt mir auch noch einer entgegen der sich unbedingt durchquetschen will. Es ist zwar eng, aber wird schon passen – also fahre ich schön langsam weiter. Denkste. Ich habe übersehen, dass der Anhänger zu meiner rechten Flanke abstehende Rücklichter hat. Und fahre in genau diese voll mit seiner Seite rein. Dem Anhänger hat es nichts gemacht, doch ich habe jetzt einen richtig schönen Blechschaden in der Kiste. Plus ein Sechstel weniger Radkappe. Auch wenn der Hänger mitten auf dem Weg geparkt wurde, es ist meine Schuld – und zum Glück auch nur mein Schaden. Den ich auch selbst beheben werde, irgendwann mal. Ein Fehler, den man nur einmal macht: nächstes Mal wird dreimal geguckt. Und zwar auch in den rechten Toter-Winkel-Spiegel, auch wenn ich mich dafür ziemlich strecken muss.
Kampfspuren in den Masuren: Hitler’s Bunkerchen
Ja, wir waren mal wieder auf den Spuren des 2. Weltkriegs unterwegs und haben uns so angeschaut was der Verrückte mit dem Bärtchen so alles fabriziert hat. Da hätten wir die Wolfsschanze. Ein Komplex, der mal aus 200 Gebäuden und 7 Bunkern bestand. Halbwegs fertig wurden die Bunker 1944. 1945 haben die Nazis dann Sprengstoff reingepackt und sie in die Luft gesprengt als sie den Rückzug vor den Russen angetreten haben. In Teilen stehen die Bunker aber noch. Naja, wen wundert’s. Bombensichere Bunker bauen und dann wundern dass sich diese nicht zerstören lassen …
Verrückt auch, dass hier jeder Oberspinner seinen eigenen Bunker hatte. Hitler, Bormann, Keitel und ein paar andere Kriegsführungskräfte haben in den riesigen Betonklötzen gelebt. Etwas schade fand ich, dass man von innen nichts gesehen hat – außer Stahlbeton, in verschiedener halbzerstörter Form. Wirklich begehbar waren die Bunker aber nicht, es gab keine intakten Innenräume mehr. War trotzdem sehr interessant und eindrucksvoll.
Auch ist das Gelände ganz nett erschlossen, und größer als ursprünglich vermutet. Es gibt zwei Rundwege, man kann sich kaum verlaufen. Für 20PLN parken, 15PLN Eintritt pro Person. Während deines Besuches kannst du dein Wohnmobil auf dem Stellplatz kostenlos an die Stromsteckdose anschließen. 105A Ladestrom, das hat jemandem den Besuch ganz besonders versüßt 😉 Und Wasserzapfstellen gibt es auch. Empfehlenswert auch das Restaurant. Schmorbraten mit Pfifferlingsauce, vorweg eine echt leckere Suppe im Brotlaib. Die Reste gingen an die Hunde, die lieben Brot. Tizon so sehr, er hat noch nichtmal gekaut oder so.
Keine Spur von Leben in der Kiste
Nach dem Besuch der Wolfsschanze stellen wir uns an einen schönen, ruhigen See. Zumindeste für eine Nacht, denn irgendwie war mal wieder temporär internetfreie Zone hier. Kommt in den Masuren öfters mal vor.
Am nächsten Morgen wollen wir losfahren, ich drehe den Schlüssel rum und es geschieht… nichts. Also gar nichts. Strom ist wohl da, das Mäusekino ist an. Ansonsten macht das Auto keine Anstalten starten zu wollen. Nichts ruckelt, klickert oder sonst was. Keine Spur von Leben in der Kiste. Also autotechnisch ist das nicht meine Glückswoche.
Die Starterbatterie kann es ohnehin nicht sein, wird sie doch über solar nachgeladen. Also, was nun? Alleine unterwegs hätte ich nur den ADAC anrufen können. Hätte sich der wenigstens auch mal wieder gelohnt. Aber zum Glück habe ich Andre dabei. Er hat ein paar Ideen was es sein könnte, und auch rausgefunden wo das Problem liegt: das Magnetschalterdingens vom Anlasser hat einen Schuss weg. Praktischerweise hat er auch eine Sofortlösung ergoogelt: Gang raus, Handbremse rein, Zündung an, mit einem Hammer unters Auto liegen und von unten auf das Magnetdingens draufschlagen. Kiste lebt wieder.
Das ist jetzt eine Woche her. Und seitdem läuft es immer besser. Hat sich wohl irgendwie selbst repariert? Naja, vermutlich nicht. Der Anlasser hört sich nicht gut an, es muss ein neuer rein. Mit etwas Glück hält er noch bis wir Deutschland erreichen.
Auf den Spuren polnischer Küche
Wir haben es tatsächlich geschafft ein Restaurant zu besuchen auf dem nicht Pizzeria oder McDonalds steht. Erstaunlicherweise kam der Vorschlag Fisch zu essen von Andre – seines Zeichens jetzt nicht der allergrößte Fischfan. Und eigentlich hatte ich ihm versprochen er muss keinen Fisch mehr essen bis wir an der Ostsee sind. Aber, wir sind in den Masuren, und in den Seen hier gibt es Fische, entsprechend viel Fisch bietet auch die lokale Küche. Also los.
Und, wohin geht man in Lötzen zum Fisch essen? Ganz klar, auf den Jahrmarkt. Den haben wir am Vortag schonmal erkundet, und so wissen wir, dass wir hier zumindest in Sachen Nachtisch auf unsere Kosten kommen werden. Erstaunlicherweise galt dies auch für den Hauptgang: es gibt lecker Suppe und Fischteller. Wie man ein schön gebratenes Zanderfilet unter Knoblauchsoße begraben kann ist mir zwar ein Rätsel, aber es hat geschmeckt.
Ein typisch polnisches Essen besteht aus Zurek, einer leckeren Mehl-Gemüse-Suppe mit Ei und den typisch polnischen Würsten als Einlage. Zum Hauptgang gibt es Fisch, dieser wird gerne frittiert. Als Beilage Kartoffeln und/oder Salat. Praktischerweise werden Beilagen immer extra bestellt – man kann sie also auch weglassen. Denn in dem Salat ist Rote Beete drin, nicht mein Fall. Und die Pommes sind normalerweise nicht knusprig, dafür sehr ölig-matschig.
Mein liebstes polnisches Menü: erst Zurek im Brotlaib, dann ein Stück Fisch (Zander oder Dorsch), zum Abschluss ein Softeis.
Softeisläden gibt es in Polen an wirklich jeder Straßenecke. Für 5 Zloti bekommst du ein leckeres, großes Eis. Es gibt viele verschiedene Variationen und Toppings, und meist verkaufen sie auch Waffeln mit Fruchtmus und Sahne drauf. Mächtig, aber lecker. So auch auf besagtem Jahrmarkt. Der uns wieder einmal bestätigt: Die Preise in Polen sind durchgängig fair. Auch touristisch bestens erschlossene Locations sind nicht wirklich teuer. Bodenständige polnische Küche findest du überall. Das freut uns, denn inzwischen haben wir Geschmack an der lokalen Küche gefunden.
Sonne und Internet – temporär spurlos verschwunden
Also diese Masuren hauen mich nicht wirklich vom Hocker. Ja, es ist schon schön hier. Die Landschaft hat was. Straßen sind gerne von Bäumen flankiert, also Alleen. Rund um die Seeufer findest du leicht hügelige Landschaften oder nette kleine Städtchen. Und zwischendurch sehenswerte Highlights, wie Bunkeranlage, Festungen und ein Schiffshebewerk. Aber, wo ist der Sommer hin? Und das bisher so gute Internet?
Es regnet und windet. Dank dem schwülen Wetter sind die Stechviecher unterwegs. Gehst du abends vor/nach dem Gewitter spazieren attackieren sie dich regelrecht. Und so gut das Internet in Polen bisher war, irgendwie ist es jetzt nur noch ätzend. Mal geht es schlecht, mal gar nicht. Sogar auf dem Campingplatz in der Stadt dümpelt es nur so vor sich hin. Ist schon irre: du hast die Wahl zwischen Mobilfunk-Internet, Campingplatznetz und Satinternet. Und alles ist scheiße. Zeitweise bin ich auch telefonisch nicht erreichbar, kann auch nicht raustelefonieren. Ein paar Tage lang macht das nichts, doch irgendwann nervt es dich. Du verbringst den halben Tag mit arbeiten und bringst trotzdem nichts zustande oder fertig.
Östlichste Ostseeküste in Polen: Urlaubsfeeling
Und wenn du so richtig schön vom Wetter genervt bist, dann erbarmt es sich deiner. Wir kommen an der polnischen Ostseeküste an, stehen auf einer Landzunge, kurz vor Kaliningrad. Also wirklich auf dem allerletzten Parkplatz – ohne große Hoffnung, hier länger bleiben zu können.
Und was ist: tolles Internet, ein schöner Parkplatz auf dem man für 20 PLN auch übernachten darf, und ein richtig toller Strand. Mit verdammt kaltem Wasser und ebenso kaltem Nordwind, dafür aber mit einem Strandrestaurant, gleich neben den Fischerbooten gelegen. Das lustigerweise nur Süßwasserfische im Angebot hatte. War trotzdem lecker. Hinter den Dünen auf dem Parkplatz ist es windstill und ruhig, und so bleiben wir einfach bis uns das Bargeld ausgeht um dem Parkplatzwächter seinen täglichen Obulus zu zahlen. Schön ist es hier, doch irgendwann müssen wir weiter.
Die Spürnase stinkt.
Mein Hund hat satt Parfum aufgelegt. Aber eher das von der moderigen Sorte. Die möglichen Ursachen dafür sind vielfältig, uns vermutlich ist es eine Mischung aus allem: Einmal schön im Aas wälzen, allzu neugierig sein welche Stelle Max gerade markiert und sich dabei anpinkeln lassen, dann noch die ständigen Ausflüge in jede Pfütze … der Hund hatte sozusagen ein Parfum mit ganz besonderer Kopfnote aufgetragen. Und der Spruch „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ gilt wohl auch für Hunde.
Zeit für ein Bad. Die AMUMOT-Außendusche musste es richten. Das Ergebnis war leider nur mittelmäßig, das Hündchen müffelt immer noch etwas. Als folgte Stufe 2, ein Friseurbesuch ist angesagt. Weniger Fell, weniger Gestinke. Jetzt geht es wieder einigermaßen.
Das Problemchen wenn ich das Schergerät zücke ist nur: Tizon findet es geil. Also packt er sich erst einmal auf die Seite und genießt die Vibrationsmassage. Soll er sich aber auf die andere Seite legen fällt ihm ein, dass er kein Bock mehr hat und hält nicht mehr ruhig. Ein paar Fetzen hängen also noch am Hund dran. Zum Glück ist er nicht besonders eitel.
Biss-Spuren.
Ich wurde kürzlich als Opferanode bezeichnet. Sehr reizend. Aber leider zutreffend. Sobald wir am See stehen fallen die Moskitos über mich her. Praktisch für Andre, bleibt er doch weitestgehend verschont. Bei mir überlegen sie sich allenfalls, ob sie mich lieber ins Gesicht oder in den Hintern stechen. Was sieht eigentlich weniger asozial aus, aufgekratzte Mückenstiche im Gesicht wie ein Christal-Meth-Junkie oder an der Supermarktkasse am Hintern kratzen? Wir stehen seit zwei Stunden wieder an einem See, und es ist bedeckt. Die nächsten Tage können also richtig schön spaßig werden.
Danzig: Schöne Stadt mit ganz besonderen Spurenelementen
Der Campingplatz im Danziger Stadtteil Stogi ist eigentlich echt gut: wir haben einen netten Platz ergattern können, praktischerweise direkt neben dem Restaurant. Wir haben unseren eigenen Wasseranschluss, die Duschen sind gut, zum Strand und zur S-Bahn-Station sind es nur 5 Minuten. Preislich ist es ganz OK, nur haben wir den Fehler gemacht, dass wir bereits um 10 Uhr morgens eingecheckt sind – und deshalb einen kompletten Tag extra bezahlt haben. Aber egal. Die S-Bahn-Fahrt in die Innenstadt dauert 20 Minuten und lohnt sich: Danzig hat einiges zu bieten. Dazu aber mehr im eingangs erwähnten Reisebericht.
In Danzig kann man gut essen gehen. Wir suchen uns nach einer Runde Museumsbesuch ein nettes Restaurant aus, mit Blick aufs Wasser und vorbeischlendernde Touris. Wir teilen uns eine Zurek-Suppe im Brot als Vorspeise, als Hauptgang habe ich mal wieder Fisch gewählt. Andre geschmorte Schweinemedaillons. Was wohl keine sooo gute Wahl war. Sie waren etwas trocken. Und seine Magenkrämpfe wurden stündlich schlimmer. Am nächsten Morgen waren sie sehr schlimm, trotzdem fahren wir weiter.
Kein Bock mehr auf Campingplatz, wir wollen an einen See. Blöd nur, dass sich der auf Google Maps auserkorene Platz als Privatgelände herausgestellt hat. Also, was tun? Ich schnappe meinen Ducato und fahre den netten Betonplattenweg auf dem wir gerade stehen einmal hoch, einmal runter. Und finde ein nettes Fleckchen mitten im Wald. OK, der Ausblick ist eher durchschnittlich, aber egal. Hauptsache angekommen.
Es wird spürbar besser
Weil es Andre magentechnisch nicht unbedingt besser geht, und seine vom Lidl gekauften Plunderteilchen überraschenderweise keine Besserung bringen, packe ich meine gesamten hausfraulichen Fähigkeiten aus und koche Suppe.
Herauskommt eine Gemüsesuppe à la Zurek. Also mit jeglichem Gemüse das sich so im Kühlschrank rumtreibt, Ei und polnischer Grillwurst als Einlage. Das Ergebnis war schlürfbar und scheint das Problem immerhin nicht verschlimmert zu haben, und so können wir am nächsten Morgen weiter.
Genauer gesagt brechen wir recht früh und spontan auf, denn der Waldbesitzer steht vor der Türe und möchte seinen Wald zurück, und wir haben ohnehin keinen Strom mehr. Im Wald stehen ist für den Solarertrag wohl nicht so gut, die Batterie steht bei 2%.
Und, wir haben ihn gefunden, einen neuen schönen See. Ruhig, mit guter Internetverbindung, Sand und Wiese am Ufer, kein Wind, warmes Wasser und nur wenige Einheimischen die hier relaxen. So langsam kommt die Sonne raus, und Urlaubsfeeling stellt sich ein. Ein guter Ort um ein paar ruhige Tage zu verbringen. Vor dem Laptop, arbeitend 😉
PS: nette Bildchen kommen dann mit dem Reisebericht. Ich hab sogar öfters mal was fotografiert!!!