Wir wandern im Elbsandsteingebirge und holpern nach Kleinpolen
Ja, in diesem Jahr bekomme ich wirklich rum. Eben waren wir noch im Erzgebirge, jetzt schreibe ich schon aus Kleinpolen. Frei an einem Stausee stehend, mitten im Nirgendwo, nahe der tschechischen Grenze. Mit grandios günstigem LTE-Internet. Doch von vorne. Was bisher geschah:
Lagerkoller in Schneeberg
Die Werkstattwoche im Erzgebirge zieht sich – aufgrund einiger Extratermine auf insgesamt 11 Tage. Die möglichen Gassistrecken sind langsam ausgereizt, die Hunde haben Zecken ohne Ende. Man merkt, dass ihnen langsam etwas langweilig ist, auch unter uns macht sich der Lagerkoller langsam breit – wir brauchen mal wieder eine andere Aussicht. Auch haben wir alles Sehenswertes der Stadt besichtigt: Lidl, Baumarkt und Postfiliale sind erfolgreich abgeklappert, auch das Schnitzelessen ist erledigt.
Unser Plätzchen hinter der Autowerkstatt ist zwar schön ruhig und äußerst praktisch (wegen WLAN, Waschmaschine und so), aber irgendwann ist gut. Also verabschieden wir uns als alles erledigt ist, fahren weiter in Richtung Osten.
Farbtest: weg vom weißen Auto
Die Idee, das Auto mit einer neuen Farbe zu versehen, ist nicht neu. Weiß ist so unauffällig wie ein Osterhase unterm Weihnachtsbaum. Möglichst nicht zu teuer, eigene Designvorstellungen umsetzen und selber machen, so die Idee. Doch wie gut lässt sich Lack aus der Spraydose verarbeiten? Was wir herausgefunden haben: mit dem richtigen Sprühkopf kannst du gut Flächen sprühen. Für feine Konturen jedoch hatten wir in dem bestellten Testpaket nichts passendes dabei – oder es fehlt einfach an Übung. Das Farbergebnis gefällt mir sehr gut. Im Bild zu sehen sind drei Farbtöne: Steingrau hell, mittel und dunkel. Zum Vergleich das Weiß vom Amumot-Truck. Der Kratztest war OK, der lack war jetzt nicht so robust wie der original Autolack darunter, aber zufriedenstellend. Etwas ungünstig viel die Temperaturmessung auf: bei direkter Sonneneinstrahlung wies die Oberfläche der weißen Farbe 32 Grad auf. Das dunkle Steingrau 47 Grad. Eine höhere Temperatur, die auch bei einem noch so gut isolierten Fahrzeug irgendwann ins innere dringt.
Wandern im Elbsandsteingebirge
Der Vorteil eines Kastenwagens im Vergleich zum großen LKW-Wohnmobil fällt beim Fahren auf. Wo jemand anderes über kurvige Berge klagt frage ich nur „Berge? War da was?“ Unser erstes Ziel ist Hohnstein, ein Städtchen am nordwestlichen Zipfel vom Elbsandsteingebirge, das ich bereits vom letzten Sommer her kannte. Laut meinwomo.net gibt es hier einer der wenigen kostenlosen Parkplätze wo man auch übernachten kann. Und ja, der Parkplatz Nummer 6, etwas außerhalb der Stadt, ist wunderbar. Nur leider internetfreie Zone. Dank Satinternet können wir dennoch stehen bleiben, zumindest für eine Nacht. Doch für einen längeren Aufenthalt benötigen wir etwas mehr Zivilisation, ein 3G Mobilfunknetz darf es da schon sein.
Ab Hohnstein unternehmen wir eine nette kleine Wanderung, sie dauert etwa fünf Stunden. Runter ins Polenztal, die Brandstufen wieder hinauf, für eine Currywurst mit Apfelsaftschorle auf dem Brand einkehren und zurück zum Womo. Auf den letzten zwei Kilometern trifft es uns, und zwar richtig: es regnet wie aus Eimern. Wir stehen klatschnass unter den Bäumen, und da es ohnehin keine Steigerung von „durchnässt“ gibt, laufen wir eben im Regen weiter. Unnötig zu erwähnen, dass wir keinerlei Regenschutzkleidung mitführen. Dank Holzofen und Wäscheschleuder war uns aber recht schnell wieder warm und die Klamotten wieder ein paar Kilos leichter. Nun ja, man lernt draus. Oder auch nicht.
Basislager in Pirna: mobil dank Zweitwagen
Erst hat mir der Gedanke in der Stadt zu stehen nicht allzu sehr zugesagt. Trotzdem fahren wir nach Pirna, auch um ein paar Tage angekündigtes Regenwetter mit Arbeit zu überbrücken. Denn wie das inzwischen vorgenommene Studium der E-Plus-Netzabdeckungskarte aufzeigt gibt es im kompletten Elbsandsteingebirge selbst kein brauchbares Mobilfunknetz. Also NICHTS. Hinzu kommt, dass kostenlose Parkplätze eher Mangelware sind. Oder sie liegen direkt neben den Bahngleisen.
Wir suchen uns einen Parkplatz mit ausgeschildertem Wohnmobilbereich aus, in Pirna-Optiz. Zentral, direkt an der Elbe, kostenlos, ruhig, eine Sackgasse. Hört sich gut an? Ist es auch, und so bleiben wir ganze acht Tage hier stehen. Wir nutzen die Infrastruktur von Pirna, Lidl und die Packstation werden öfters mal angesteuert.
Wir besuchen das DDR-Museum, welches uns aber nicht vom Hocker haut. Ein Sammelsurium von DDR-Waren, gespickt mit etwas Informationen hier und da. Man muss die DDR-Zeit und seine Eigenheiten wohl selbst erlebt haben um hier in Erinnerungen schwelgen zu können. Wir haben keinen emotionalen Bezug zu allem und vermissen etwas das Informative an dieser Ausstellung. Unser Fazit: das DDR-Museum ist für Ossis eine tolle Sache.
Auch kulinarisch entdecken wir Pirna: die Dönerbude an der Packstation ist sehr empfehlenswert, und im McDonalds gehen wir aufs Ganze: Im McFlurry sind heute mal Bountystücke anstatt Smarties. Das schmeckt ganz wunderbar, da freut sich der Gourmet.
Aber eigentlich warten wir ja auf gutes Wetter um im Elbsandsteingebirge wandern zu gehen. Erste Gehversuche führen uns zur berühmten Bastei. Das war mal eine Festung auf dem Fels, heute ist kaum mehr als die Basteibrücke erhalten. Unser Tipp für einen Besuch der Bastei: Am Spätnachmittag ankommen, wir waren erst um 18 Uhr da. Leere Parkplätze und leere Wege. Bis auf ein paar Profi-Selfie-Asiaten ist um diese Uhrzeit nicht mehr viel los.
Wenn die Ossis was schnell gelernt haben, dann wie Kapitalismus funktioniert. Diesen Spruch habe ich schon mehrmals gehört, und es ist was dran. Für irgendeinen Wanderparkplatz im Wald 4€ Tagesgebühr nehmen – nagut. Für Wohnmobile dann aber 11€ verlangen (beispielsweise auf dem Parkplatz vor der Bastei), gleichzeitig ein Übernachtungsverbotsschild aufhängen, das ist Pfui.
Die folgenden Tage wird das Wetter besser und wir machen uns auf zu einigen Wanderungen. Ein Tag wandern, am Folgetag Pause machen – ein entspanntes System. Ein gesonderter Reisebericht zum Elbsandsteingebirge kommt noch, dieser wird auch einige Details zu unseren Wanderungen enthalten.
Hier bewährt sich wieder einmal, dass wir mit zwei Autos unterwegs sind. Mein kleiner Flitzer passt nicht nur in städtische Parklücken und darf legal in Umweltzonen herumfahren. Er ist auch ideal um durchs Elbsandsteingebirge zu flitzen. Und genauso machen wir es: Das große Wohnmobil bleibt in Pirna Stehen, meinen Kastenwagen nehmen wir um durch die Sächsische Schweiz zu düsen. Das geht nicht nur flotter sondern ist auch weitaus praktischer bei der Parkplatzssuche.
Mein Hund wird alt: Tizon und die Arschhebemaschine
Letzten Sommer war ich alleine mit Tizon im Elbsandsteingebirge. Im direkten Vergleich merke ich gerade sehr wie er doch älter wird. OK, dass der 11jährige alte Knabe noch 5 Stunden und mehr mit uns wandern geht ist ja schonmal nicht schlecht. Doch lassen seine Bergziegen-Qualitäten etwas nach. Wo ich ihn früher eher zurückhalten musste kommt stellt er sich heute etwas an. Die Mischung aus dem Grauen Star und der Arthritis in der Hüfte sorgt wohl doch dafür, dass er beim Rumkraxeln etwas an Drive verloren hat. Er kommt mit dem Hintern nicht mehr auf höhere Absätze und Felsen, und so spiele ich hier und da die Arschhebemaschine für den Senior-Hund.
Stausee Bautzen: nett da.
Nach über einer Woche geht uns langsam das Wasser aus, und es wird Zeit ein Stück weiter zu fahren. Sind ja jetzt auch genug gelaufen für’s Erste. Also geht es erst einmal ein Stück weiter in Richtung Osten, nach Bautzen. Nördlich der Stadt gibt es einen Stausee den ich bereits kenne. Dort stehen wir auf einem großen, kostenlosen Parkplatz, vielleicht 100 Meter vom Wasser entfernt. Es gibt anständiges Internet und es ist grundsätzlich ruhig. Wir sind einigermaßen amüsiert darüber, für wen dieser Parkplatz alles als Treffpunkt dient: Junge Menschen mit getunten Autos und türkischer Popmusik am Abend, am nächsten Morgen in aller Frühe dann ein Rudel DHL-Ausfahrer die erstmal Pakete umräumen – natürlich direkt vor unserem Schlafzimmer.
Ab nach Polen!
Unser grober Plan: für einen Monat nach Polen. Große Ziele gibt es nicht, nur dass ich gerne Auschwitz besuchen möchte, und die Masuren sollen schön sein. So ergibt sich eine kleine Polenrundreise: im Süden Richtung Westen, dann die Weichsel entlang nach Norden bis zur Ostsee, diese entlang fahren bis wir wieder in Deutschland sind. Das Einzige, das wir vorab planen ist die Beschaffung einer Sim-Karte.
Jelenia Gora
Online haben wir einen Mobilfunkanbieter auserkoren: gut ausgebautes Netz und äußerst günstige Preise werden uns da versprochen. Wenn nur die Hälfte davon stimmt sind wir glücklich. Wir machen das erste Ladengeschäft der Marke „Plus“ nach der polnischen Grenze in Jelenia Gora aus. Etwas südlich davon entdecken wir auf Google Maps einen See mit Parkmöglichkeit. Hört sich doch nach einem guten Plan an.
Da polnische Autobahnen mautpflichtig sind weise ich mein Navi an Autobahnen grundsätzlich zu ignorieren. Das führt zu zwei Umständen: erstens bekommt Madame auf der deutschen Autobahn die Vollkrise. Will bei jedem Parkplatz, dass ich abfahre und wieder drauf. „Jetzt rechts halten und danach gleich wieder links“. Dummes Ding. Ich fahre mal bei Görlitz raus, eine Ausfahrt zu früh wie sich später herausstellen wird. Hätte ich mal besser die Karte studiert, ich dummes Ding. Diese Stadtrundfahrt war etwas nervenaufreibend. Erst durch die Innenstadt des deutschen Görlitz, quasi Sightseeing im Womo, einmal quer durch – fast durch die Fußgängerzone, auf den S-Bahngleisen, fünftausendmal abbiegen. Urplötzlich im polnischen Görlitz, mit mir unbekannten Straßenschildern … was für ein Spaß.
In Jelenia Gora angekommen parke ich zentral – direkt neben der Fußgängerzone. Diese ist auf den ersten Blick schön, doch Sinn für den zweiten Blick haben wir eher nicht. Zu sehr sind wir auf die Aufgaben des Tages fixiert: Bargeld und Internet besorgen. Am Geldautomaten kommt mir in den Sinn, dass ich irgendwann mal was über Abzocke gelesen habe, dass man nicht den „garantierten Wechselkurs“ wählen soll. Habe mich wohl richtig erinnert, denn Onlinerecherchen im Nachhinein bestätigen mir, dass für diese „Garantie“ ein satter Aufschlag fällig wird, bis zu 9%. Anschließend besorgen wir uns die Sim-Karte, und das ist der Knüller:
Prepaid Internet Simkarte von „Plus“: Polen ist toll!
„JA +5GB“ heißt die Simkarte, die wir in dem Laden erstehen. Der nette Mitarbeiter spricht englisch, er aktiviert die Karte und auch das Datenpaket. Die Karte selbst kostet 5 Zloti, das große Datenpaket mit 35GB kostet 100 Zloti. Das macht: 105 Zloti : 4,4 = 23,86 € . Das Datenvolumen ist 120 Tage lang gültig. Gigantisch. Und es kommt noch besser: Für nur 10 weitere Zloti (=2,27€) bekommst du einen Monat lang 200GB, von 01:00 Uhr bis 08:00 Uhr. Eine Nachtflatrate sozusagen. Diese Option habe ich online hinzugefügt: Über recharge.com aufladen, dann im Plus-Kundenkonto aktivieren. Dort sehen wir auch, wie es um unseren generellen Datenverbrauch bestellt ist. Jetzt wissen wir auch: wenn die 35GB weg sind können wir einfach online nachladen.
Ein Hinweis noch für Nachahmer: Geld aufladen über die Webseite von Plus funktioniert nicht mit ausländischer Kreditkarte, deshalb der Weg über recharge.com. Das Guthaben wird sofort gebucht. Über online.plus.pl kannst du dich einloggen, das Passwort ist die letzten vier Ziffern der PUK.
Ach ja, und das Beste: 3G und 4G Netze sind laut Abdeckungskarte in wirklich ganz Polen gut ausgebaut. Bis jetzt stimmt das auch. Ein Träumchen.
Dies ist ein extra Absatz zu Ehren von Polen’s Landstraßen.
Heute Morgen gab es nicht nur Regen, auch das Internet war schon seit gestern Abend etwas launisch. Wir stehen wohl zu nah an der tschechischen Grenze. Also zieht es uns außerplanmäßig schon heute weiter nach Osten. Eigentlich schade, denn wir stehen schön an einem See. Aber gut, wenn nach den 112 Kilometern besseres Wetter und gutes Internet auf uns warten, geht es eben weiter.
Wie lang 112 Kilometer sein können – ich hätte es nicht für möglich gehalten. Was haben wir über die portugiesischen Straßen letzten Winter geschimpft. Die sind nichts gegen die polnischen Holperpisten. Ganze zwei Stunden benötige ich für die Strecke. Plus zwischendrin zwei Pausen, die wirklich nötig sind – denn die Straßenqualität geht auf den Rücken. Und auf die Nerven. Mensch und Hund haben heute sehr gelitten. Es gibt Straßenabschnitte mit Schlaglöchern. Es gibt enge Straßen, natürlich mit LKWs als Gegenverkehr. Es gibt unbeschrankte Bahngleisüberquerungen. Es gibt Pflastersteinstraßen. Ewig langgezogene Ortsdurchfahren mit 40km/h-Beschränkung. Polnische Verkehrsteilnehmer, die entweder mit Bleifuß überholen oder aber vor dir herkriechen. Und fast die komplette Strecke rattert es. Nur wenige Streckenabschnitte wurden in den letzten zwanzig Jahren mal neu geteert.
Mit dem Wohnmobil nach Polen: Freistehen und Sicherheit
Ressentiments gegenüber unserem Nachbarland gibt es wohl so einige. Bedenken über Langfinger, die dir dein Auto aufbrechen oder ganz wegnehmen wollen. Durchschnittlich gute Polenwitze gab es im Vorfeld auch einige zu hören. Also noch fahren wir mit BEIDEN Womos durch Polen. Und ich bin auch optimistisch, dass dies so bleiben wird. Es sind bisher keine zwielichtige Typen ums Auto geschlichen. Im Gegenteil, bisher begegneten wir nur ausgesprochen netten Eingeborenen. Sie sind am Wohnmobil interessiert und finden die Hunde ganz knuffig. Englisch scheint keine allzu gängige Sprache zu sein, und obwohl sie wissen dass du kein polnisch sprichst wirst du zugequatscht – notfalls eben mit Hand und Fuß. Ich komme bereits an meinem ersten Tag in Polen zu der Erkenntnis, dass ich einige Brocken polnisch brauche.
Das Freistehen ist in Polen angeblich verboten. Viel ist davon aber nicht zu spüren. Mit dem Wohnwagen direkt ans Seeufer stehen, erstmal das Vorzelt auspacken – es scheint hier normal zu sein. Auch wir übersehen schonmal so ein Schild am Zufahrtsweg zum See. Dieses Runde mit dem großen roten Kringel drauf und mit dem weiß in der Mitte.
Was mir noch so auffällt: Wohnmobile siehst du hier so gut wie keine. Heute kam mir während der zweistündigen Fahrt ein einziger Kastenwagen entgegen – ein deutscher. Gut, vielleicht befinden wir uns einfach auch in einer Gegend, die touristisch nicht allzu gut erschlossen ist. Und Wohnmobilfahrer scheuen die nicht ganz so optimalen, schonmal etwas engeren Straßen. Oder aber, Polen ist wirklich noch ein Geheimtipp.